Das einst „Undenkbare und Unsagbare“ zeigen


BAD NENNDORF (jl). „Jeder Einwohner ist zu erschießen, Gefangene werden nicht gemacht. Warschau muss ausradiert werden.“ Welche verheerenden Folgen dieser gemeinsame Befehl Hitlers und Himmlers vom 1. August 1944 hatte, zeigt seit Sonnabend eine Wanderausstellung der Friedensbibliothek Berlin im Foyer der Sparkasse. Unter dem Titel „Der Überfall auf Polen“, der sich in diesem Jahr zum 80. Mal jährt, rufen Bilder und Texte nicht nur den Beginn des Zweiten Weltkriegs auf eindringliche Weise in Erinnerung.

Auch das Leben im Warschauer Ghetto und der Warschauer Aufstand werden thematisiert. Erinnern, darum gehe es, sagte Winfried Wingert vom Bündnis „Bad Nenndorf ist bunt“, dem Initiator der Ausstallung. Sein Vater sei als 23-jähriger Soldat der Wehrmacht dabei gewesen, als Polen am 1. September 1939 nach einem inszenierten Überfall auf den Gleiwitzer Sender durch in polnische Uniformen gezwungene KZ-Häftlinge mit Vernichtung und Chaos überflutet wurde. Aber, so der Vorsitzende: „Er hat sich nie so ausgedrückt“ und stattdessen von einer „Teilnahme des Polenfeldzugs“ gesprochen – wie so viele. Dass die Wehrmacht am Vernichtungsregime der Nationalsozialisten beteiligt war, sei nach der Rückkehr der Soldaten ins deutsche Reich „undenkbar und unsagbar“ gewesen.

Umso wichtiger sei es heute keinen Schlussstrich unter das düstere Kapitel der Geschichte zu ziehen, zumal Antisemitismus und Rassismus in der heutigen Gesellschaft wieder verstärkt präsent seien. „Die Erinnerung darf nicht enden, sie muss auch künftige Generationen zu Wachsamkeit mahnen“, zitierte er den ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog. Dem pflichtete auch Marina Jalowaja von der jüdischen Gemeinde bei -„sonst ist eine Einschätzung der heutigen Realität nicht möglich“. Sie erinnerte an die knapp 60 Millionen Menschen, die während des sechs Jahre dauernden Krieges ihr Leben verloren haben – durch eine von der „geistigen Elite“ angestifteten „Mordmaschinerie“. Polen sei das Land, das am längsten unter dem Zweiten Weltkrieg leiden musste, wie Jochen Schmidt von der Friedensbibliothek erklärte.

Ein Drittel der Vorkriegsbevölkerung sei umgebracht worden. Heute wüssten viele gar nichts mehr zu diesem Thema. „Deswegen muss man diese Bilder zeigen und mit dem Thema in Schulen, in die Orte, in Bürgerhäuser und Kirchen gehen“, so Schmidt. Zu sehen ist die Ausstellung im Foyer der Sparkassenfiliale in der Hauptstraße noch bis zum 15. Februar. Foto: jl „Bad Nenndorf ist bunt“-Vorsitzender Winfried Wingert eröffnet die Ausstellung im Sparkassenfoyer: „Die Erinnerung darf nicht enden.“

Bericht aus dem Schaumburger Wochenblatt vom 30.01.2019